Außen schmucklos, völlig unscheinbar in der engen Altstadtgasse rue Droite 55, liegt dieser 1643 im Stil Genueser Palazzos errichtete Stadtpalast. Leicht auch deshalb zu übersehen, da die (als Touristen-Attraktion angepriesene) alte Apotheke im Erdgeschoss (18. Jahrh.) zur Zeit ausgelagert ist. Dabei gehört das Palais Lascaris zu den prächtigsten und spannendsten historischen Gebäuden von Nizza.
Mein Tipp: Um die Mittagszeit ist es menschenleer!
Einst Residenz eines Feldmarschalls des Herzogs von Savoyen, gehörte dann den Grafen Peille und bis 1802 der Familie Vintimille-Lascaris, bevor es - nach der französischen Revolution (1788-1799) - in ein Mietshaus umgewandelt wurde und danach langsam aber sicher verkam. 1942 kaufte es die Stadt und rettete es vor dem drohenden Verfall.
Barock pur: Säulen, Fresken und Skulpturen schmücken das monumentale Treppenhaus durch das man zu den prunkvollen Innenräumen hinaufsteigt und - ganz nebenbei - zu einer bedeutenden Sammlung von über 700 historischen Musikinstrumenten gelangt; u.a. einer Flöte im Spazierstock. Jegliches Inventar, jedes Möbel und Bild, und natürlich jedes Instrument wird zweisprachig (Französisch/Englisch) optimal erklärt.
Den Grundstock der Sammlung, über 225 Instrumente, legte Antoine Gautier (1825-1903), der sie nach seinem Tod der Stadt Nizza schenkte, die sie zunächst auf das Musée des Beaux Arts, das Musée Masséna und das Konservatorium von Nizza verteilte. Nach dem Amateur-Musiker und Instrumentensammler wurde die rue Antoine Gautier (am Hafen) benannt.
U.a. gibt es in dem Stadtpalast eine Kapelle. Superreiche Bürger mußten also nicht, zusammen mit dem Pöbel, in eine profane Kirche gehen, sondern konnten den Dienst beim Lieben Gott gleich neben ihren Schlaf- und Badezimmern in einer künstlerisch aufs Feinste und Edelste ausstaffierten Kapelle absolvieren. Ich nehme an, der Priester kam zur Beichte ins Haus ... und blieb dann gleich zum Sattessen und Saufen.
Die Cathédrale Orthodoxe Russe St.-Nicolas mit ihren sechs Zwiebeltürmen - mitten in der Stadt - soll die größte und schönste orthodoxe Kirchen außerhalb Russlands sein. Der Backstein stammt aus dem Rheinland, die Ziegel und Majolika aus Florenz. Vor kurzem erst wurde die Kathdrale - auf Kosten des russischen Staats (sprich: auf Kosten der russischen Steuerzahler ! ) - für 15,6 Millionen Euro aufs Allerfeinste renoviert.
1903 hat die Kaiserin Maria Fjordorowna, Witwe von Zar Alexander III., den Bau "aus ihrer Privatschatulle" finanziert, damit die große russischen Gemeinde von Nizza ein glaubenskorrektes Gotteshaus hatte. (Die Bausumme hat sich die Frau Kaiserin sicherlich mit viel harter Arbeit vom Munde abgespart).
Hauptgrund dürfte gewesen sein, dass die Mitglieder der Zarenfamilie, die die Kälte der russischen Winter nicht goutierten, und diese Jahreszeit seit der Mitte des 19. Jahrhunderts im hiesigen Klima genossen, auch standesgemäß beten konnten. Gegenwärtig zählt die Gemeinde an der Côte d’Azur (die wohl überwiegend aus stinkreichen (Mafia-)Russen besteht) bereits wieder über 9000 Mitglieder.
In dem kleinen umgebenden Park thront (wahrscheinlich) der Namensgeber der Kathdrale, Zar Nikolaus II. Das ist jener Zar, der durch sein Festhalten an der autokratischen Politik seiner Vorgänger und fehlender Bereitschaft zu demokratischen Reformen maßgeblich Anteil am Zusammenbruch der russischen Monarchie und dem Zustandekommen der Februarrevolution - mit all ihren schrecklichen Folgen - hatte.
Den hochlobend werbenden Worten der Reiseführer über das Musée Matisse darf man keinen Glauben schenken. Der Kunstgenießer kann sich die Fahrt zu dem zugegeben hübschen Haus sparen.
Hätte ich nur Fritz J. Raddatz geglaubt, der in "Nizza - mon amour" schreibt "Matisse wohnte und arbeitete hier" [auf zwei Etagen des Palais Victoria, einem enormen Kasten, den sich einst Königin Victoria als Winterresidenz errichten ließ] "man kann ihm gleichsam postum ins Fenster schauen vom unweit in einem prächtigen Park gelegenen Museum, das zwar seinen Namen trägt, dessen Bestände aber eher enttäuschend sind".
In den herrlichen, großzügigen Räumen hängt kaum ein Bild, dazu eine Reihe von Plastiken und ein paar Fotos, alles in großen Abständen sorgsam über riesige Wandflächen verteilt. Die anstelledessen haufenweis herumhängenden, nichtssagenden Entwurfskizzen sind eine große Enttäuschung.
Anstelledessen steht in jedem Gang, hinter jeder Ecke und Säule (wahrscheinlich auch auf dem Klo) Aufsichtspersonal, das mit Argusaugen jede Bewegung, also jeden auch nur vermeintlichen Griff zur Kamera, verfolgt und mit strengen Worten untersagt. Selbst die interessante Innenarchitektur darf man nicht fotografieren.
Es folgen 3 Innenaufnahmen, "aus der Hüfte geschossen".
Gleich neben dem Musée Matisse liegt das Musée d'Archéologie et Site Archéologie. Vom Matisse-Museum blickt man in das frei zugängliche Amphitheater (für einst schätzungsweise 5.000 Zuschauer) und auf die Grundmauern der ausgedehnten Thermenanlagen (getrennt für Männer und Frauen sowie luxuriöse Magistratsthermen), letzte Zeugen des römischen Cemenelum. Der römische Kaiser Augustus wählte den Ort 14 v. Chr. als Hauptort der Provinz Alpes Maritimae.
Nizza, Kapitel 1: Das Zentrum, die Altstadt, die Promenade des Anglais und der Marché aux Fleurs
Nizza, Kapitel 2: Schloßberg, Hafen und die Rue de France
Nizza, Kapitel 4: Ein Riesenspass, das Musée d'Art Naive
Nizza, Kapitel 5: Das Musée Masséna (eine Art Stadtmuseum)
Nizza, Kapitel 6: Mit dem Motorroller zu den Bergdörfern Tourrette-Levens und Aspremont
Nizza, Kapitel 7: Mit dem Motorroller in die Bergdörfer Saint-Paul-de-Vence und La Colle-sur-Loup
Nizza, Kapitel 8: Mit dem Train des Pignes (Pinienzapfenzug) nach Touët-sur-Var und Entrevaux
Nizza, Kapitel 9: Menton, die italienischste Stadt Frankreichs
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