Meine Reise nach Nizza und durch die Haute Province verdanke ich der wunderbaren 3sat-Dokumentation "Reisewege Provence: Der Pinienzapfenzug", die in der Mediathek nicht mehr verfügbar ist. Leider! In YouTube gibt es ähnliche Dokumentationen, die aber bei weitem nicht so verführerisch sind.
Die Touristenattraktion, der historische Pinienzapfenzug unter Dampf, fährt (z.B. 2016 zwischen Mai und November) nur 33 mal und zwar nur auf dem landschaftlich reizvollsten Streckenabschnitt - durch die Bergregion der Hochalpen - zwischen Puget-Théniers und Annot bzw. Le Fugeret. Da geht nichts ohne vorherige Reservierung.
Täglich ab 6:55 Uhr pendeln Schienenbusse wie diese, später auch komfortable Panoramawagen, auf der 151 km langen Strecke zwischen Nizza (Chemins de fer de
Die Dampflocks, die erstmals 1911 auf der Strecke Nizza-Digne fuhren, wurden der Überlieferung nach statt mit Kohle mit Pinienzapfen beheizt, daher der Name Pinienzapfenzug. Eine andere Version besagt, dass der Zug seinerzeit so langsam fuhr, dass die Reisenden während der Fahrt Pinienzapfen sammeln konnten.
Ab Nizza rumpelt der Schienenbus zunächst 45 Minuten durch das breite Tal der Var. Erst hinter dem Bahnhof Chaudan gehts durch teilweise enge Schluchten bergan; erst hier wird die Fahrt landschaftlich spektakulär. Nach weiteren 26 Minuten erreicht man Touët-sur-Var, das wie ein Vogelnest hoch am Berg "klebende" Dorf.
Morgens um 8:30 Uhr begegnet man in Touët einigen neugierigen Katzen, einer Mutter, die den Knaben zur Schule bringt und - wenn man Glück hat - noch einem Einwohner. Ansonsten genießt man die spektakuläre Architektur der 5- bis 6stöckigen Häuser, die Gassen und Winkel, Durchgänge und kleinen Plätze, vor allem jedoch die 'berauschenden' Ausblicke durchs Tal und auf die umgebenden Bergketten, in himmlischer Stille.
Der mittelalterliche Ort ist eine einzige Sehenswürdigkeit, die man in 2 Stunden 15 Minuten (das ist die Zeit zwischen den beiden Vormittagszügen Richtung Digne) bequem durchwandern kann. Alles wirkt echt, nichts ist touristisch aufpoliert.
Unten, an der Durchgangsstraße, in der Avenue de Général de Gaulle, gibt es einen Kaufladen mit Metzgerei, einen Tabakwaren- und Zeitungsladen, eine Bar, eine Brasserie, zwei Restaurants (Chez Paul und Chez Ernest), eine Unterkunft (Le Relais de Valberg), eine Touristeninformation/Post und insgesamt im Ort vier (!) Kirchen/Kapellen.
Von Touët nach Entrevaux sind es (hier im Panoramazug) nur 19 Minuten. Bis hinauf zur Festung steigt man 800 m im Zickzackkurs angebliche 135 m (?) steil den Berg hinauf, wobei man 24 Festungstore durchquert, die Feinden eine Einnahme der Zitatelle erschweren sollten.
Am Eingang zum Aufstieg steht ein Automat, der das Eintrittsgeld in Jetons wechselt, die man beim Drehkreuz einwirft und losmarschieren kann. Den Aufstieg soll man - heißt es - in einer halben Stunde schaffen. Wenn man jedoch in praller Mittagssonnenhitze loszieht ... jedenfalls hatte ich nur wenige Meter unterhalb der Zitadelle "die Schnauze gestrichen voll". Der nicht weniger steile Rückweg war unverändert schweißtreibend.
So spektakulär die weitgehend noch originalgetreue Zitadelle auf schroffen Felsen in schwindeliger Höhe (errichtet 1693 - 1706 vom berühmten französischen General, Marschall von Frankreich und Festungsbaumeister des Sonnenkönigs, Seigneur de Vauban), so bilderbuchmäßig wirken die Brücke, das Stadttor und die Festungsmauern, so authentisch erlebt man das mittelalterliche Festungsstädtchen mit seinen schlichten Häuser, dem bescheidenen Marktplatz und der gotischen Kathedrale. Die Bewohner haben Entreveaux (gottseidank) nicht zu einem aufgemotzten Tourismus-Highlight umgewandelt.
Nizza, Kapitel 1: Das Zentrum, die Altstadt, die Promenade des Anglais und der Marché aux Fleurs
Nizza, Kapitel 2: Schloßberg, Hafen und die Rue de France
Nizza, Kapitel 3: Das Palais Lascaris, die Nikolauskathedrale und das Musée Matisse
Nizza, Kapitel 4: Ein Riesenspass, das Musée d'Art Naive
Nizza, Kapitel 5: Das Musée Masséna (eine Art Stadtmuseum)
Nizza, Kapitel 6: Mit dem Motorroller zu den Bergdörfern Tourrette-Levens und Aspremont
Nizza, Kapitel 7: Mit dem Motorroller in die Bergdörfer Saint-Paul-de-Vence und La Colle-sur-Loup
Nizza, Kapitel 9: Menton, die italienischste Stadt Frankreichs
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